Täuschend Echt
Wir leben in einem Traum (Maya). Das was wir unsere Wirklichkeit, unsere Realität nennen, besteht aus einer Sammlung von Geschichten, welche wir uns selbst kontinuierlich erzählen (das narrative Selbst / das konstruierte Ich).
Was wir wahrnehmen ist eine innere Repräsentation der Dinge, nicht das Reale, nicht die Wirklichkeit der Dinge an und für sich. Diese innere Repräsentation der Dinge beeinflusst unseren Alltag weit mehr als das, was in wirklichkeit ist.
Unsere Perspektive, gefärbt durch diese innere Repräsentation der Dinge, schränkt unsere faktische Wahrnehmung, unser Wissen und dadurch unser Denken und unseren Handlungsspielraum enorm ein. Weil immer wieder unsere eigenen Filme ablaufen und uns so den Wahrnehmungskanal verstopfen.
Der Schlüssel liegt darin, die Perspektive zu wechseln und sie so zu erweitern. Dadurch können wir eine Energie freisetzen, mit der wir die bis anhin gelebte Wirklichkeit als nur eine von vielen möglichen Gestalten wahrnehmen und sie – wenn erwünscht – ändern. Denn unsere Gestalten der Wirklichkeit (unser Selbst, Wohlsein, Familie, Freunde, Beziehungen, Karriere usw.) sind nicht mehr und nicht weniger als mögliche Interpretationen derWirklichkeit; Teile einer konstruierten Wirklichkeit eben.
Probleme entstehen dann, wenn wir unsere Gestalt der Wirklichkeit, dieses Konstrukt also, als echt, als “Die Wahre” in Stein gemeisselte (und somit nicht hinterfragbare mögliche Realität) angenommen haben.
Wir erfinden, konstruieren und formen Gestalten derWirklichkeit anhand von Modellen aus unserer Umgebung. Diese Modelle stammen meistens aus uralten (unbewussten) Prägungen und archetypischen Überlieferungen. Weil diese Modelle so weit verbreitet (“best sellers”) und historisch so tief verwurzelt sind, ist ihre Überzeugungskraft oft überwältigend. Dadurch sind wir leicht dazu geneigt, unser Leben danach einzurichten. Sie diktieren unseren Alltag, schreiben uns vor, wie wir denken und handeln sollen, was wir zu gewissen Zeiten hätten fühlen müssen und reden uns auch – ohne dass wir es wollen – ins Gewissen. Dabei realisieren wir kaum, dass diese Modelle, obwohl sie
täuschend echt erscheinen, nichts weiter als (Auslauf-)Modelle sind und selten auf das zutreffen auf, was aktuell und in Wirklichkeit passiert.
Meditation ist ein hervorragendes Werkzeug, um die Perspektive zu erweitern und uns von den Modellen zu befreien. Meditation ermöglicht es, unser Zeugenbewusstsein1 zu entdecken und/oder zu stärken.Wenn wir den Fokus unsererWahrnehmung auf das Zeugenbewusstsein lenken, erleben wir eine Perspektivenerweiterung par Excellence. Diese Erweiterung kann Energien frei setzen, kreiert Freiräume und ermöglicht tiefe Einsichten und Aha-Effekte. Es ist Sinn und Zweck des Frühlings- und Herbstretreats mittels verschiedener Meditationstechniken eine Atmosphäre zu kreieren, um genau das zu ermöglichen.
1 Sanskrit: Sakshi bhav. Zustand des Zeugen, die Erfahrung, Beobachter aller Handlungen zu sein